Schwäbische Juwelen

Wunderbar illustrierten Band!

60 Seiten  |  19,90 Euro  |  Mit einer vom Verfasser besprochenen CD

 

Der für seine »freche, aber segensreiche Feder und Gosch« bekannte Schriftsteller Gerhard Raff - seit seinem mehrfach preisgekrönten Klassiker »Herr, schmeiß Hirn ra !« (Deutsche Verlags-Anstalt 1985) weltweit »meistgelesener Dialektautor der Gegenwart« (DVA) - hat in teilweise längst vergriffenen Werken einstmals groß gefeierter und gerne gelesener schwäbischer Dichter und Denker diese Kostbarkeiten ausgegraben und in diesem Schatzkästlein zur Freude hoffentlich vieler Landsleute und Reigschmeckter vereinigt.
So begegnet der geneigte Leser jenen klassischen Kabinettsstücken etwa eines Sebastian Blau (unter anderem dem »Necker«, dem »Gsangverei«, dem »St. Nepomuk«, dem »Wegge'taler Kripple«, der »Bürgerwach«), eines Martin Lang (der »Fuierwehr vo Plattehardt«, dem »Dunell em Azeberg«, dem »Büschelesma'«), eines Gerhard Raff (dem »Erstklässler ! Tentefässler !«, dem »Menschle), dem »Heimatland die Filder !«, der Ehrenrettung der »Schwäbischen Kehrwoche«), eines Thaddäus Troll (dem »O Heimatland«, dem »Sonntich en Sidnei«, der »Madonnenweihe«) oder eines Friedrich E. Vogt (dene »Steile Stuagerter Stäffela«, der »Schwäbische Speiskart«) wieder, die vormals unsere Altvorderen beglückt und begeistert haben und auch der jetzo lebenden Generation die Mundwinkel nach oben ziehen und ein fröhliches Lachen hervorrufen werden.

Professor Dieter Groß und Bernd Stolz haben dazu ebenso originelle wie faszinierende Bilder beigetragen und - nach dem »Schwäbischen Mose« - wiederum ein wunderschönes Buch für ewige Zeiten geschaffen - also solange es eben die Schwaben, den intelligenteschten, liebenswürdigschten und zugleich bescheidenschten unter den Stämmen Germaniens, gibt.


Gedruckt in den Grafischen Werkstätten

von Gustav Werners Bruderhaus in Reutlingen

Benefizbuch für die Arbeit der
»Ärzte für die Dritte Welt - German Doctors e.V.«
Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft
IBAN: DE26 5502 0500 4000 8000 20

Vorwort

„Schwäbische Heiligtümer"

Jedes Land hat seine Heiligtümer. Wir zum Beispiel die Burg Hohenzollern, die Schlösser Ludwigsburg, Solitude und Lichtenstein, die Klöster Bebenhausen, Hirsau, Maulbronn und Beuron, die Insel Reichenau und das Ulmer Münster, den Blautopf, die Bärenhöhle, die Donauquelle, den Ipf, die drei Kaiserberge Staufen, Stuifen und Rechberg, die Schwäbische Alb, Oberschwaben und den Bodensee, Barbarossa, Götz von Berlichingen, Herzog Eberhard im Barte, König Wilhelm I., Mechthild von der Pfalz, Franziska von Hohenheim, Wieland, Mörike, Hauff, Schubart, Hölderlin und Schiller, Hegel und Philipp Matthäus Hahn, Dannecker, Sebastian Blau, Thaddäus Troll und Gerhard Raff, Verlage wie Cotta, Steinkopf und Holtzbrinck, das Stuttgarter Ballett, die Stuttgarter Oper, den Fernsehturm, den Zeppelin, den Daimler, den Porsche und den Bosch, den Trollinger und den Riesling, die Laugenbrezel, die Spätzle, die Maultaschen und die Springerle ...“

So die viel zu früh verstorbene Frau Dr. Elke Gerhold-Knittel vom Württembergischen Landesmuseum im Vorwort zu ihrem 2002 erschienenen epochalen Standardwerk „Spätzle, Maultaschen & Co.“

Drei der obgenannten „Schwäbischen Heiligtümer“ kommen in diesem „Schwäbischen Schatzkästlein“ zu Wort und zwei weitere, der Martin Lang und der Friedrich E. Vogt seligen Angedenkens.

In diesen unseren Tagen, da im einstigen „Land der hellen Köpfe und der geschickten Hände“ der preußische Kasernenhofslang allerorten siegreichen Einzug gehalten hat und viel zu viele Eltern und Lehrer Arm in Arm mit dem durch raffinierte Reklame finanzierten, seelenverödenden und hirnverblödenden Doofelesfernsehen mit großem Erfolg der jungen Generation schon in frühen Kindertagen die wunderschöne symphophänomenale Muttersprache eines Friedrich Barbarossa, Schiller & Hölderlin vorenthalten, und dank der dort eingeschobenen Werbeblöcke statt kritisch wacher Bildungsbürger dumpfbackige Konsumidioten und intellektuelle Dürfzgerle herangezogen werden, soll dieses Büchlein wieder Lust auf unseren Dialekt wecken und viele Landeskinder einen Hauch jenes Geistes verspüren lassen, von dem der vor 50 Jahren verstorbene Literaturnobelpreisträger Hermann Hesse gesprochen hat: „Zu diesem schwäbischen Geist gehört, wie mir scheint, ein Stück Poesie, ein gutes Stück Phantasie und Warmblütigkeit, dazu eine Freude am Einfachen und Stillen, ein gewisser heimlicher, dauernder Protest gegen Berlin, es gehört weiter dazu Humor und Kunstsinn und das Wissen um den Reiz und Reichtum der heimatlichen Mundart.“

Einen herzinniglichen Dank darum allen, die mitgeholfen haben, dass dieses so wunderschön gewordene Schatzkästlein entstehen konnte:

Dem noch jungen Landhege-Verlag für das Wagnis, angesichts einer demographisch erschreckend schrumpfenden suevischen Minderheit eine solche, nicht eben leicht lesbare und daher besondere geistige Fähigkeiten und geduldige Bereitschaft voraussetzende schwäbische Anthologie vorzulegen und diese erneut in einer Behinderteneinrichtung des Württemberger Landes drucken zu lassen.

Den zum Wohlgefallen einer erfreulich großen, von der Frau Kammersängerin bis zur Nobelpreisträgerwitwe, vom Herrn Bundespräsidenten bis zum Weltraumfahrer reichenden, begeisterten Leserschaft bereits beim „Schwäbischen Mose“ bestens bewährten Zeichnern Professor Dieter Groß und Bernd Stolz für Ihre erneut so zauberhafte und brillante Bebilderung. (Dr. Wolfgang Wulz: „Die Bilder send ja wirklich obache schee!“)

Dem früheren Herstellungsleiter der Deutschen Verlags-Anstalt Rudolf Wolf und seiner Frau Ursula Focht für die hervorragende gestalterische Umsetzung und Vorbereitung zum Druck.

Den Druckern im Reutlinger Bruderhaus Andreas Bauer, Tim Czerwinski, Michael Dickmann, Volker Flaig, Roland Glaser, Burkhard Heidt, Horst König, Ralf Müller und ihren Schützlingen.

Den Herstellern der CD im Evangelischen Medienhaus: Andreas Koch und Toningenieur Martin Hülf und Rundfunkpfarrer Andreas Koch. Letzterem danken wir ebenso wie Gunter Haug in Schwaigern und Günter Springer in Rottenburg für die reizvolle Rezitation und Otto Potsch im österreichischen Wolkersdorf für die musikalische Umrahmung sowie Ilona Bucher in Berlin für die grafische Gestaltung der CD.

Sebastian Blau hat einmal gemeint, die wichtigste Aufgabe des Menschen sei es, anderen Menschen Freude zu machen. So mögen diese „Schwäbischen Juwelen“ möglichst vielen durch die Zeitläufte seelisch zerknitterten Zeitgenossen Freude bringen, sowohl Schwaben wie auch Reigschmeckten, die der Gnade der schwäbischen Geburt nicht teilhaftig wurden, postnatal aber doch noch so gesegnet wurden, dass sie im Ländle leben und schaffen dürfen und diese schöne Sprache lesen und verstehen können.

In freundschaftlicher Verbundenheit und großer Dankbarkeit widme ich diese Anthologie dem Andenken meines dem wirtembergischem Geistes- und Uradel entstammenden langjährigen Förderers Martin Hohnecker (1939-2012) von der „Stuttgarter Zeitung“. Er war begeistert von Konzeption und Inhalt des Buches, darf es aber nun nicht mehr in Händen halten.

Degerloch, am 744.Todestag des Staufers Konradin,
König von Jerusalem und Sizilien,
Herzog von Schwaben

Gerhard Raff

LESEPROBEN


Die Schwäbische Kehrwoche
„Lasst Euch nicht irren des Pöbels Geschrei“

Entgegen
allen blödsinnigen Behauptungen
hergelaufener Industrienomaden
im mittleren Management
südwestdeutscher Weltkonzerne
in der Region Mittlerer Neckar
ist die Schwäbische Kehrwoche
weder eine ortsübliche
fundamentalistische Nationalreligion
noch Ersatzbefriedigung
für frustrierte Putzteufel,
sondern eine segensreiche,
vom großen Grafen Eberhard im Bart
(dem der Vater und der Großvater
an der Pest weggestorben waren)
gnädigst verfügte,
in fünf Jahrhunderten bewährte
seuchenhygienische Präventionsmaßnahme
nach dem ökologisch wie soziologisch
sinnvollen Verursacherprinzip
unter strikter Anwendung
des basisdemokratischen Rotationsverfahrens.


Erstklässler! Tentefässler!
Für Roman Alexander Knorr zum ersten Schultag 1985

Glück isch, wenn mr so en Freund hat wie Di, dr beste Freund von dr Welt. Ond des isch no gar net so lang her, da bisch wie a Hutzele em Pfätschekisse glege, ond zwoi Däg hend die Dokter en Dibenge braucht ghet, bis daglege bisch, ond älles hat sich gfreut, daß Du ond Dei Muetter überhaupt drvokomme send.

Ond bisch en a Welt neigsetzt worde, wo so viel Hurgler vorne dra hocket ond Sempel ‘s Sage hend ond wo jeden Augeblick en d’Luft gange ka.
 
Ond wo mr d’Kender so arg mag, daß se Euch arme Würmle sogar scho d’Muttermilch vergiftet hend.

Bisch aber oineweg a ganz arg netts Bürschle worde, a richtigs Lausbüeble wie dr Michel von Lönneberga, ond hasch mit Deine sechs Jahr scho weiter Leut a Freud gmacht wie so a Dutzed Stuegerter Gmeinderät em ganze Lebe.

Hasch’s ja au ganz gschickt troffe, en Dokter als Vatter ond Dei Muetter au Doktere ond oineweg de ganze Dag für Di da.

Ond a liebs Brüederle hasch, ond en Freund wie mi, wo en echte Säbel hat ond a echte Hellebarde.
Ond bevor Du richtig woisch, ob Du amol „Seeräuberkapitän“ oder net doch lieber „Kriminalverkehrspolizeihauptmann“ * werde willsch, holet se Di en d’Schuel ond pfeift dr Wend jetz aus’me andre Häfele.

Ond obwohl se Deine Kamerade ond Dir a Zuckerguck en Arm neidrucket, isch des Honigschlecke für a ewigs Weile vorbei.

Dreizehn Jahr (hoffentlich kois weniger ond kois weiter, wie bei mir) werdet se jetz uff Di neischwätze, die Dame ond Herre Lehrers, ond Du wirsch manchesmol denke, zu was au so en Lohkäs, mir stenkt’s.

Aber die moinet’s ja bloß guet mit Dir, ond merk Dr halt soviel wie möglich drvo, denn älles könnet se Dir amol wegnemme aber net, was en Deim Kopf dren isch.

Aber werd mr bitte ja koi Streberle, denn guete Freund send wichtiger wie guete Note, ond au koi so a stromlinieförmigs Ma(nager)le, wie se heutzudag en Mode send, mit so Elleboge ond Hornhaut uff dr Seel - als leibhaftigs Vetterle vom Schiller ond Sprößleng vom Graf Eberhard em Bart hasch Du des nemlich überhaupt net needich.

Mach’s guet, bester Freund von dr Welt, bleib xond ond so a netter Kerle wie jetz, daß dr liebe Gott ond d’Leut Deiner Lebdag a Freud an Dir hend.
 
Ond wenn’s amol net ganz so lauft em Lebe, denk dra: Die dömmste Kerle von meiner Klass, die fahret heut de dickste Kärre.

*Heute ist er Chefarzt…


Heimatland die Filder !
Siebzehhondertondograd Jahr send des jetz her, daß mir über den Limes gstiege send ond die alte Römer hoimgschickt hend, des dekadente Gstair, wo sich selber mit Blei vergiftet hat. Ond weil mr da no freie Auswahl ghet hat, hend mr ons selbichsmol den beste Toil rausgsuecht, des scheene Land da zwische Scheebuech, Nesebach ond Necker, en Bode so guet wie en Burgund die Wengert, ond hend die fruchtbare Felder Filder ghoiße ond dadrmt für älle Zeite sage wölle, so a bodeguets Land geits ein ganze germanische Gäu net nomol.
Ond wie a Perlekette hend mir die Haufe Ingendörfer mittle draneigstellt, Vaiheng, Maireng, Pläeneng, Echterdeng, Sielmeng, Nelleng. Ond wie die nemme glangt hend, hot mr de Wald grodet ond send anandernach die andre Flecke drzuekomme, Bernhause, Birgich, Bolande, Degerloch, Heumade, Ruit ond wie se älle hoißet.

Ond no send da so Leut aus Irland ond England extra rübergfahre ond hend ons Halbwilde des Evangeliom bracht, ond jetz hend mir gwißt, wer die Filder ond den Hemmel drüber gmacht hat ond daß beim Mose hoißt: Solange die Erde stehet, soll nicht aufhören Saat ond Ernte, Frost ond Hitze, Sommer ond Wenter, Tag ond Nacht. Ond älles hat a Ziel ghet ond en Senn. Ond mir hend älle die Schläg verkrafte könne, was die Zeite so uff oin neigschlage hend, äll des Elend ond den Jammer, ällritt en Krieg, des ewige Gehändel, die hergloffene Gwaltigel, die Madjare, Kroate, dr Schwed, dr Franzos, die verbrennte Häuser, die verhaglete Felder, des verfaulte Korn, die verfrorene Blüete, die austrocknete Äcker, die Hongerjohr, dui Pestilentz ond Cholera, ond dronternei die Sempel ond Sauigel vo dr Obrigkeit. Äll des Elend hot mr aushalte könne, weil mr gwißt hat, ewig ka des net so weitergange, ond hat emmer a Hoffnong ghet, daß älles amol wieder guet wird ond schee.

Ond tatsächlich send emmer wieder au herrliche Zeite komme, da send die Filder d’Kornkammer gwä vom ganze Schwabeland bis na an Arlberg ond Vierwaldstätter See. Ond onser Filderkraut hend se en äller Welt so gschätzt, daß se en Amerika älle Deutsche bloß „Kraut“ hoißet. Ond au Obere hend mr kriegt, daß a Freud gwä isch, die zwoi Friedrich vom Staufe dahübe, den Graf Eberhard em Bart, den Herzog Christoph, wo ons Bauremädle ond Baurebuebe ‘s Lese ond ‘s Schreibe glernt hat, dr Herzog Carl Eugen, wo mit seire Franziska en Hoheheim glebt hat wie a Filderbauer onter Filderbaure. Oder die zwoi Keenich Wilhelm, Prachtskerle boide ond liberal ond demokratisch wie heut koi Demokrat, ond dr erste drvo hat dui ältest Baureakademie vo dr Welt uff onsre Filder eigrichtet.

Aber no send au wieder ganz ganz fiese Figure uffkreuzt mit ihre fäkalfarbige Hemmeder, ond ausgrechnet die mit ihrem verlogene Bluet- ond Bodegefasel hend mittle en den fruchtbarste Bode vom ganze Deutsche Reich a Autobah ond en Flughafe neipflätscht. Ond bei Nacht ond Nebel so mirnexdirnex ond ogfragt die Filderdörfer oberhalb vo dr Autobah uff des Stuegert neikassiert.

Ond weil die Schlurger mit äller Welt Händel agfange ghet hend, send uff oimol Bombe ragfalle vom Hemmel, wie wenn die Filder schuldig gwä wäret. Ond wie no die schlechte Zeite komme send, do wäret se en Stuegert dahonne verhongret, wenn’s die Filder net gebe hätt. Aber statt froh ond dankbar sei, send se, kaum daß se wieder vollgfresse gwä send, uff die Filder los wie uff en Zwetschgekueche an dr Kirbe ond hend Äcker ond Wiese zuebetoniert, daß a Schand isch ond a Verbreche. Ond obwohl mittlerweil au de letzt Schlafhaub gmerkt hat, wo des amol naführt, hend die scheints emmer no net gnueg Hoimet verhonzt ond hehgmacht, die gwählte Gwaltigel.

Fenfesiebzich Generatione Schwabe, wenn net no mai, send jetzt uff dene Filder ghockt ond send zfriede gwä ond hend des Land jedesmol schee ond oversehrt weitergebe an ihre Kender. Ond jetz soll oi gotzige Generatio vo so bleede Betobachel, Kotzbrocke ond Kriegnetgnueg des ganze Sach vo onsre Kendeskender verdo ond verdomme därfe. Soll der alte Mose nex mai gelte ond älle Hoffnong de Nesebach na. Heimatland, gege dui Dommheit isch koi Filderkraut gwachse.


So a Menschle
Die Leut, wo älle so oizecht mit’m Auto ens Gschäft fahret ond die Straße verstopfet ond verstenket, die wisset gar net, was’n da nausgoht, dass se net mit dr Straßebah fahret. Sache ka mr da verlebe, also noi!

Da hockt mr ganz friedlich en so’me Sechser dren, macht’s wie dr Stuegerter Gmeinderat, denkt sich nex weiters, no steigt da am Olgaeck so a Menschle ei ond pflatscht sich uff den Platz direkt vis-à-vis. Ond no hane afange denke, ond han denkt, mi trifft dr Schlag, so omeglich brudal hat dui ausgsehe. Ond weil’r me no doch net troffe hat, hane an den Alte Fritz denkt, wo se dem sei Braut vorgstellt hend, hat der gsait: „Ein Glas Schnaps bittö!“ Aber des kriegt mr koin en dr Straßebah, ond womeglich hätt mr des Menschle am End gao no dopplet gseh: Hat dui net beerschwarze Augedeckel ghet, stiefels¬dick mit Karresalbe agschmiert, ond a raote Gosch ond raote Fengernägel wie die Zuddle vo Holly¬wudd ond ihr Haar gfärbt, dass a Regeboge a Dreck drgege isch; ond die Haar send nuffgstande, wie wenn mr se henderschefier aus’me Kübel voll Tape¬tekleister rauszoge hätt. Ond a engs Hösemle hat se aghet wie aus Krokodilleder oder Schlangehaut ond en alte Bratesrock drüber ond am Revers en Haufe Sicherheitsnadle ond Rasierklinge, ond a paar so ronde Brosche dra aus Plastik mit so Sprüchle druff. Ond ois drvo hat ghoiße: „Abtreibung - ja bitte“.

Da hätte am liebste gsait: „Oh Menschle, wenn no dei Muetter au scho so fortschrittlich denkt hätt...“ I han’s aber verhebt ond mei Gosch ghalte, denn erstens soll mr ja tolerant sei, wie des onser toleranter Schultes emmer wieder sait, ond zwoitens, wenn oine so verbotte wüescht en dem Wirteberg rom¬lauft, woiß mr ja nie, ob dui net mit’m Rasiermes¬ser uff oin los goht. Ond, tatsächlich, hat se jetzt en ihr glitzerichs Handtäschle neiglangt ond - ebbes zom Lese rausgholt.

Ond wer jetzt denkt, des wird jedefall so a Fuffzich- pfennichschnulzeroman gwä sei, der hat sich gewaltig dische. Ob’r’s glaubet oder net, hebt des omegliche Menschle mit seine 16, 17 Jahr doch tatsächlich dem Johann Peter Hebel sei „Schatz¬kästlein des rheinischen Hausfreundes“ zwische ihre agmalte Fengernägel. Mit älle dene wonder¬scheene Gschichte dren vom Kannitverstan ond so, ond vo dene Gauner, Zundel hend die Gauner ghoi¬ße, ja Zundelheiner ond Zundelfrieder, wie der Schultes vo Crailsheim ond vo Heidelberg. Ond jetz hane gar nemme könne ond no hane denkt, der Prophet Samuel hat recht, wenn’r sait: „Ein Mensch sieht, was vor Augen ist, der Herr aber sieht das Herz an.“

Ond wie no des Mädle ausgrechnet grad des Gschichtle liest vom Schneider en Pensa, wo mir als Kend scho so gfalle hat, weil mei Ururehne au mit’m Napoleon en Moskau drbeigwä isch, da hane me richtig gschämt, für des, was’e vo dem Mensch¬le so denkt han. Ond wien’e mi no zwische Bopser ond Haus 61 gnueg gschämt ghet han, bene älls¬gmach naseweis worde, ond an dr Altebergstaffel hane me no frage traut, ob se des für d’Schuel lese müeßt. Ond em purschte Hochdeitsch - se isch von „Hanowa“ dahobe ra - hat se gsait: „Nein.“ Bloß so „zum Spaaß.“

Ond jetz kommt’s: Se häb en dr Zeidong den Uffsatz glese vom Albrecht Goes übern Hebel ("Brücke zur Welt“ vom 7. August 1982), ond no häb se sich des Buech glei kauft, ond des sei echt irre, Spitze.

Da bisch doch total vo de Socke, da moinsch, so oine hätt außer Kaugummi sonst nex mai em Kopf, ond no liest dui sogar dui Obergscheitlesbeilag vo dr Stue¬gerter Zeidong! Ond i möcht net wisse, wie viel Kerle mit Krawatt ond Bögelfalte den Uffsatz oglese zum Altpapier glegt hend …

Ond vo dr Waldau a hend mr bloß no gegeseitig vom Johann Peter Hebel gschwärmt ond die Gschichte anandernach uffzählt vo dene badische Jäger en Hersfeld, dem Bergmann en Falun, dem Husar en Neiße ond wie se älle hoißet, so daß au des ältere Fraule uff dem Sitz schräg vis-à-vis nem¬me bais guckt und uff oimol au mitgschwätzt hat. Ond vor lauter Hebel hane gar net frage könne, warom so a gscheits Mädle eigentlich so saudomm drher¬kommt. Ond i denk mr’s jetzt halt so, dass bei „Hanowa“ dahobe glaubich emmer no d’Elch graset, ond jede¬fall mueß mr da als Vogelschaich romlaufe, dass oin die Elch net agreifet.

En Degerloch an dere HaltesteIl mit dene Beto¬bunker, wo mr moint, die hätt dr Dschingis Khan em Suff nagsteIlt, da hane aussteige müeße ond Ade gsait, ond se hat me ganz mitleidig aguckt onter ihre schwarze Augedeckel, dass i en some Kaff wohn mit sore Brechreizarchedektur. Ond no hat se sich uff mein Platz gsetzt ond isch weitergfahre, em Sechser mit’m Hebel Mairenge zue.


XÖFF
in vino veritas
in aqua claritas
in lacte sahnitas
in cola woisnetwas